NOBELPREIS FÜR DIE PHYSIK 2023 – Wissenschaft des Lichts wird geehrt
Die höchste wissenschaftliche Auszeichnung in der Physik – der Nobelpreis für Physik – wurde dieses Jahr an Ferenc Krausz, Direktor vom Max-Planck-Institut für Quantenoptik, Garching gemeinsam mit Pierre Agostini, und Anne L’Huillier verliehen. Für ihre „experimentelle Methoden zur Erzeugung von Attosekunden-Lichtimpulsen für die Untersuchung der Elektronendynamik“ haben die Nobelpreisträger*innen der Menschheit neue Werkzeuge zur Erforschung der Welt der Elektronen in Atomen und Molekülen an die Hand gegeben haben, so begründet die Königlich-Schwedische Akademie der Wissenschaften ihre Entscheidung.
Pierre Agostini, Ferenc Krausz und Anne L'Huillier haben Methoden zur Erzeugung extrem kurzer Lichtimpulse entwickelt. In einer Reihe von experimentellen Untersuchungen über einen Zeitraum von mehr als drei Jahrzehnten haben diese Laserphysiker und viele andere Gruppen Techniken entwickelt, die die Art und Weise, wie wir Elektronen in Atomen und Molekülen abfragen können, revolutioniert haben. „Der Kern der Methode lässt sich mit einfachen Worten erklären: Stellen Sie sich vor, Sie könnten alle Tasten eines Klaviers genau zur gleichen Zeit drücken. Der Ton, der dabei entsteht, ist ein extrem kurzer Impuls, der nur etwa ein Tausendstel einer Sekunde anhält. Das liegt daran, dass sich alle Töne, die sich über viele Oktaven erstrecken, überlagern. Kurz gesagt, der Nobelpreis wird dafür verliehen, dass man dasselbe mit Licht macht! Klingt einfach? Ja, aber nur, wenn man das optische Äquivalent eines Klaviers hat. Anne L'Huillier entdeckte während ihrer Doktorarbeit, dass sobald ein sehr starker Laserpuls im Infrarotbereich auf ein Gas in einer Vakuumkammer trifft, alle möglichen Frequenzen (Töne) erzeugt werden, so etwas wie ein optisches Klavier. Schnell wurde klar, dass dies der Einstieg in die Erzeugung kurzer optischer Pulse war.“, erläutert Prof. Vahid Sandoghdar, Geschäftsführender Direktor des Max-Planck-Instituts für die Physik des Lichts (MPL), Erlangen. „Unser Kollege Ferenc Krausz war der Erste, dem es gelang, einen einzigen solch kurzen Puls zu erzeugen, der etwa 500 Attosekunden dauerte, – das sind 500 Milliardstel der Milliardstel Sekunde .“ Diese Lichtimpulse sind so kurz, dass sich mit ihrer Hilfe die schnellen Vorgänge im Inneren von Atomen und Molekülen darstellen und nachverfolgen lassen.
Die Forschungsbereiche des MPL und der Nobelpreisträger*innen grenzen aneinander, die Übergänge sind fließend und viele Themenfelder eng miteinander verwoben. So untersucht beispielsweise die unabhängige Forschungsgruppe „Femtosekunden Feldoskopie“ von Frau Dr. Hanieh Fattahi am Erlanger Max-Planck-Institut Moleküle, die durch ultrakurze, phasenkohärente Impulse angeregt werden. Das so erzeugte komplexe elektrische Feld des wieder transmittierten Lichts wird anschließend direkt spektroskopisch gemessen. „Die Messung der extrem schnellen Oszillation von Licht bei Frequenzen nahe der Petahertzgrenze ist eine der wichtigsten Anwendungen der Attosekundentechnologie", sagt Hanieh Fattahi. „Im Jahr 2016 hatten wir in der Gruppe von Ferenc eine sehr aufregende Zeit, als wir mit dieser Technologie eine Zeitverzögerung von 80 Attosekunden bei der Umordnung der Elektronen in einem Festkörper nach der Anregung durch kurze Laserpulse beobachten konnten. Solche Experimente müssen in einem Vakuum durchgeführt werden. Deshalb haben wir die Technik später weiterentwickelt, um das elektrische Feld von Licht unter Umgebungsbedingungen aufzulösen. Dieses neue Gebiet eröffnet enorme Möglichkeiten für den molekularen Fingerabdruck und die Mikroskopie biologischer Proben. Eine faszinierende Reise, die mein Team und ich derzeit in Erlangen unternehmen."
„Dies ist der siebte Nobelpreis für die Max-Planck-Gesellschaft innerhalb der letzten neun Jahren. Wir freuen uns besonders, dass der diesjährige Preis die Physik des Lichts ehrt.“, betont Vahid Sandoghdar.
Die Direktoren der zwei Max-Planck-Institute in Garching und Erlangen pflegen einen tiefen wissenschaftlichen Austausch, beispielsweise in Form des 2012 gegründeten „Max Planck - University of Ottawa Centre for Extreme und Quantum Photonics“ in Ottawa Kanada, eine Kooperationsplattform zwischen uOttawa und der Max-Planck-Gesellschaft. Unser kanadischer Kollege Prof. Paul Corkum, der auch maßgeblich an diesem Zentrum beteiligt ist, hat ebenfalls das Gebiet der Attosekundenphysik entscheidend gestaltet.
Bild (Ill. Niklas Elmehed © Nobel Prize Outreach): Nobelpreisträger für den Nobelpreis in Physik 2023 - Pierre Agostini, Ferenc Krausz und Anne L'Huillier