Metasurfaces bieten neue Möglichkeiten für die Quantenforschung

Wissenschaftlern des Max-Planck-Instituts für die Physik des Lichts und der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg ist es in Zusammenarbeit mit den Sandia National Laboratories gelungen, mit Hilfe von resonanten Metasurfaces Photonenpaare in verschiedenen Frequenzen zu erzeugen.

Ein Photon ist das Quantum (die kleinste an einer Wechselwirkung beteiligte Menge) einer beliebigen Form von elektromagnetischer Strahlung, wie z. B. Licht. Photonen sind für eine Reihe aktueller Forschungsbereiche und Technologien von grundlegender Bedeutung, z. B. für die Quantenzustandstechnik, die wiederum den Grundstein für alle Technologien der Quantenphotonik bildet. Mit Hilfe der Quantenphotonik arbeiten Wissenschaftler und Ingenieure an der Entwicklung neuer Technologien, wie z. B. neuen Formen der Verschlüsselung für hochsichere Kommunikationskanäle und neuen Arten von Supercomputern.

Eine der wichtigsten Voraussetzungen für die Entwicklung von Quantenzuständen ist die Erzeugung von Photonenpaaren. Dies wird traditionell durch die Nutzung eines der beiden nichtlinearen Effekte, der spontanen parametrischen Abwärtsumwandlung (SPDC) oder der spontanen Vier-Wellen-Mischung (SFWM), in optischen Volumenelementen erreicht. Die nichtlinearen Effekte bewirken, dass ein oder zwei Pump-Photonen spontan in ein Photonenpaar zerfallen.

Diese Effekte erfordern jedoch eine strikte Impulserhaltung für die beteiligten Photonen. Jedes Material, das die Photonen durchqueren müssen, hat Dispersionseigenschaften, die eine Impulserhaltung verhindern. Es gibt zwar Techniken, mit denen die erforderliche Impulserhaltung dennoch erreicht werden kann, aber diese schränken die Vielseitigkeit der Zustände, in denen die Photonenpaare erzeugt werden können, stark ein. Obwohl mit traditionellen optischen Elementen wie nichtlinearen Kristallen und Wellenleitern viele photonische Quantenzustände erzeugt werden konnten, ist ihre Verwendung deshalb begrenzt und unhandlich. In jüngster Zeit haben sich die Forscher daher mit so genannten optischen Metasurfaces beschäftigt.

 

Erzeugung von Photonenpaaren mit Metasurfaces

 

Metasurfaces sind ultradünne planare optische Geräte, die aus Arrays von Nanoresonatoren bestehen. Ihre Dicke unterhalb der Wellenlänge (einige hundert Nanometer) macht sie praktisch zweidimensional. Dadurch sind sie viel einfacher zu handhaben als herkömmliche sperrige optische Geräte. Noch wichtiger ist, dass aufgrund der geringeren Dicke die Impulserhaltung der Photonen gelockert wird, da die Photonen durch viel weniger Material als bei herkömmlichen optischen Geräten wandern müssen: Nach der Unschärferelation führt die Begrenzung im Raum zu einem undefinierten Impuls. Dies ermöglicht eine Vielzahl nichtlinearer und Quantenprozesse mit vergleichbarer Effizienz und öffnet die Tür für die Verwendung vieler neuer Materialien, die in herkömmlichen optischen Elementen nicht funktionieren würden.

Aus diesem Grund, aber auch weil sie kompakt und praktischer zu handhaben sind als sperrige optische Elemente, rücken Metasurfaces als Quellen von Photonenpaaren für Quantenexperimente in den Fokus. Darüber hinaus könnten Metasurfaces Photonen gleichzeitig in mehreren Freiheitsgraden transformieren, z. B. Polarisation, Frequenz und Weg.

Tomás Santiago-Cruz und Maria Chekhova vom Max-Planck-Institut für die Physik des Lichts und der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg haben nun in Zusammenarbeit mit der Forschungsgruppe von Igal Brener von den Sandia National Laboratories in Albuquerque, New Mexico, einen neuen Schritt in diese Richtung gemacht. In einer kürzlich in der Fachzeitschrift Science veröffentlichten Arbeit haben Chekhova und ihre Kolleg*innen zum ersten Mal gezeigt, wie Metasurfaces Paare von Photonen zweier unterschiedlicher Wellenlängen erzeugen. Außerdem können Photonen einer bestimmten Wellenlänge mit Photonen von zwei oder mehr verschiedenen Wellenlängen gleichzeitig gepaart werden. Auf diese Weise kann man mehrere Verbindungen zwischen Photonen unterschiedlicher Farbe herstellen. Darüber hinaus erhöhen die Resonanzen der Metasurfaces die Rate der Photonenemission um mehrere Größenordnungen im Vergleich zu einheitlichen Quellen derselben Dicke. Tomás Santiago-Cruz ist davon überzeugt, dass Metasurfaces in der zukünftigen Quantenforschung eine Schlüsselrolle spielen werden: "Metasurfaces führen zu einem Paradigmenwechsel in der Quantenoptik, indem sie ultrakleine Quellen für Quantenlicht mit weitreichenden Möglichkeiten für das Quantum State Engineering kombinieren."

In Zukunft können diese Eigenschaften genutzt werden, um sehr große, komplizierte Quantenzustände zu erzeugen, die für Quantenberechnungen benötigt werden. Darüber hinaus ermöglichen das schlanke Profil der Metasurfaces und ihr multifunktionaler Betrieb die Entwicklung fortschrittlicher kompakter Geräte, die Erzeugung, Umwandlung und Erkennung von Quantenzuständen kombinieren. Maria Chekhova ist begeistert von dem Weg, den ihre Forschung eingeschlagen hat: "Die Quellen unserer Photonen werden immer winziger, während gleichzeitig ihre Möglichkeiten immer größer werden."


Bild 1 (Nachgedruckt mit Erlaubnis von Santiago-Cruz et al., Science 377:6609, 991-995 (2022)): Pumpphotonen durchqueren ein resonantes Metasurface und erzeugen verschränkte Photonenpaare mit unterschiedlichen Wellenlängen.

Bild 2 (© Max-Planck-Institut für die Physik des Lichts): Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme eines in dieser Arbeit getesteten Metasurfaces.

 

Kontakt:

Dr. Maria Chekhova, maria.chekhova@mpl.mpg.de

Originalpublikation:

Tomás Santiago-Cruz, Sylvain D. Gennaro, Oleg Mitrofanov, Sadhvikas Addamane, John Reno, Igal Brener, Maria V. Chekhova “Resonant Metasurfaces for Generating Complex Quantum States”, Science  Vol. 377 No.6609, 991-995 (2022), http://www.science.org/doi/10.1126/science.abq8684

Back

Kontakt

Edda Fischer

Leitung Kommunikation und Marketing
Telefon: 09131 7133 805
MPLpresse@mpl.mpg.de

 

Max-Planck-Zentren und -Schulen