Ein eiskalter Fortschritt

Das Max-Planck-Institut für die Physik des Lichts hat sein neues Heliumverflüssigungssystem in Betrieb genommen. Es ermöglicht es den Forschern, flüssiges Helium günstig, nachhaltig und unabhängig vom Weltmarkt zurückzugewinnen und wiederzuverwenden. Genutzt wird es zur Kühlung ihrer Experimente auf Temperaturen nahe dem absoluten Nullpunkt.

Tobias Utikal mit Matthias Freudensprung, Leiter des Einkaufs, und Adrian Thoma, Leiter der Betriebstechnik, vor der neuen Heliumverflüssigungsanlage. (@MPL)

Tobias Utikal mit Matthias Freudensprung, Leiter des Einkaufs, und Adrian Thoma, Leiter der Betriebstechnik, vor der neuen Heliumverflüssigungsanlage. (@MPL)

Tobias Utikal und Fabian Grein mit den den ersten 100 Liter verflüssigtes Helium aus der neuen Anlage. (@MPL)

Tobias Utikal und Fabian Grein mit den den ersten 100 Liter verflüssigtes Helium aus der neuen Anlage. (@MPL)

Helium ist das zweithäufigste Element im Universum. Paradoxerweise ist es auf der Erde unglaublich selten. Es entsteht tief unter der Erde, wenn Elemente wie Uran zerfallen. Dieses Helium sickert dann durch die Erdkruste an die Oberfläche. In seltenen Fällen wird es dabei in Erdgasblasen eingeschlossen, ansonsten kann das Helium, sobald es die Oberfläche erreicht hat, aufgrund seines geringen Gewichts einfach aus unserer Atmosphäre entweichen und im Weltraum verschwinden. Nur in wenigen Ländern wie den Vereinigten Staaten, Katar, Algerien oder Russland wird Helium erfolgreich gefördert, was in den letzten Jahren dazu geführt hat, dass der Preis für Helium drastisch gestiegen ist. Tobias Utikal, aus der Forschungsgruppe von MPL-Direktor Vahid Sandoghdar, erinnert sich: "Als unsere Gruppe 2011 anfing, haben wir 6 Euro pro Liter flüssiges Helium bezahlt. Jetzt zahlen wir 35 Euro." Die Gruppe benötigt jede Woche zwischen 300 und 500 Liter als Kühlmittel für Experimente, die bei Temperaturen nahe dem absoluten Nullpunkt durchgeführt werden, wo nur Helium in flüssiger Form bleiben kann. Daher entschloss man sich schnell dazu, nach einer günstigeren und nachhaltigeren Lösung zu suchen.

Schon im Jahr 2012 kaufte das Team ein neues System, mit dem es das Helium, das nach dem Gebrauch verdampft, wieder auffangen konnte. Allerdings mussten sie es zur nächsten Heliumverflüssigungsanlage transportieren, die von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg betrieben wird. Das war, wie Utikal sagt, ein logistischer Albtraum, denn Helium gilt als Gefahrstoff und ist daher sehr schwer zu transportieren. Man entschied sich, nach einem System zu suchen, das das Institut selbst implementieren konnte. Zu diesem Zeitpunkt waren Heliumverflüssigungssysteme jedoch nur in zwei Größen auf dem Markt verfügbar: Tischanlagen, mit einer sehr geringen Produktionskapazität, die zudem sehr laut sind und viele Vibrationen verursachen, oder riesige Anlagen, wie sie typischerweise von großen Universitäten betrieben werden. Im Jahr 2019 konnte die MPL-Gruppe schließlich ein brandneues System mit einer Produktionskapazität auf dem Markt ausfindig machen, die genau auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten war. Ein zusätzlicher Vorteil ist, dass das System fast vollautomatisch läuft, so dass kein geschultes Personal eingestellt werden muss, um es zu bedienen.

Die Implementierung einer derartigen, immer noch sehr großen Maschine war eine logistische Mammutaufgabe. Nun aber ist die in ihrer Größe in Deutschland wohl einmalige Anlage in Betrieb. Damit verfügt das MPL nun über einen vollständig geschlossenen Kreislauf für die Nutzung von flüssigem Helium in seinen Experimenten. Tobias Utikal ist begeistert: "Einmal richtig eingestellt, ist die Nutzung nicht viel komplizierter als die eines Wasserspenders! Damit sind wir viel unabhängiger vom Weltmarkt und den Heliumpreisen, die in nächster Zeit wohl nicht sinken werden."

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Kontakt

Edda Fischer

Leitung Kommunikation und Marketing
Telefon: 09131 7133 805
MPLpresse@mpl.mpg.de

 

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